Hauptsache, sie lernen was dabei!

Vor kurzem hörte ich im Auto ein Radiointerview zum Thema Mediennutzung in Zeiten von Corona. Ein netter Beitrag darüber, dass in dieser für Eltern so anstrengenden Zeit so viele Kinder vor dem Bildschirm sitzen, manchmal stundenlang. Und dann dieser Satz: “Das ist in Ordnung, wenn sie Wissenssendungen gucken, wie zum Beispiel die Sendung mit der Maus.”

Was lernen wir daraus? Mediennutzung ist absolut in Ordnung, wenn man dabei etwas lernt. Und auch, wenn ich ein großer Verfechter davon bin, dass Mediennutzung in erster Linie Spaß und Freude bringen soll, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass es immer gut ist, wenn Kinder etwas lernen. Aber wann genau lernen Kinder eigentlich etwas bei der Mediennutzung?


Allzu oft erlebe ich es, dass Eltern der Meinung sind, so lange das Kind eine Sendung schaut, in der Schulwissen besonders lehrreich medial aufgearbeitet wird, ist das schon in Ordnung. Ganz im Gegensatz zu diesen Serien, in denen es offensichtlich nur um bunte Bilder, tolle Effekte und eine kitschige Geschichte geht. Bei Computerspielen ist es ähnlich. Die Appstores sind voll von Lernapps, zum Buchstaben und Zahlen oder Farben lernen.

Doch lernen Kinder wirklich nur, wenn sie solche Spiele spielen oder Serien schauen? Ein kleiner Exkurs in eine Begebenheit aus dem letzten Monat:

Meine Schwiegermutter schaut diese Sendung, in der Menschen ihr Hab und Gut für jede Menge Geld verscherbeln können. Eine Frau tritt auf den Plan, eine Brosche dabei. Stolz präsentiert sie das Schmuckstück, der Moderator und sie sind sich schnell einig, ein wunderschöner Schmetterling. Ein Blick von mir: “Quatsch, das ist eine Motte!” Minuten später die Sachverständige: “Wenn man den Körper und die Flügel ansieht, dann erkennt man, dass es sich hier um eine Motte handelt.” Meine Schwiegermutter sieht mich verwundert an. “Wie hast du das erkannt?”

Ganz einfach. Die Brosche sah aus wie das Pokemon Omot, offensichtlich benannt nach einer Motte und nicht wie der Schmetterling Smetbo. Niemand würde nun im ersten Moment vermuten, dass Pokemon besonders lehrreich ist. Doch genau so kann ich durch mein mediales Leben gehen und würde noch viele solcher Beispiele finden. Ich glaube, es gibt keinen Film, keine Serie, kein Spiel, aus dem ich nicht irgendwas gelernt habe, oder das mich nicht auf irgendeine Weise geprägt hat.

Auch die Bloggerin Béa von tollabea.de hat gerade einen Artikel veröffentlicht, in dem sie beschreibt, welche Serien und Filme bei ihr und ihrer Tochter Carina einen Lerneffekt hatten. Und dabei geht es nicht nur um Allgemeinbildung, wie Tierwissen oder Erdkunde. Mich beispielsweise hat die Serie Sailor Moon viele Dinge über Nächstenliebe und darüber, niemals aufzugeben, gelehrt.

Welches Lernpotential Spiele besonders in der heutigen Zeit haben, erklärt Game Designerin Jane McGonigal in diesem sehr sehenswerten Ted Talk. Sie beschreibt darin, dass die Zeit, die junge Menschen in Computerspielen verbringen, ausreichend ist, um sie zu besonderen Meistern zu machen. Doch worin sind Spieler so gut? Sie nennt dabei unter anderem diese zwei Punkte:

Unerschütterlicher Optimismus: das Verlangen, ein Hindernis zu überwinden, zusammen mit dem unerschütterlichen Glauben daran, es auch schaffen zu können. Und auch bei meinem Sohn sehe ich das. Für ihn gibt es im Spiel nichts, was er nicht kann, egal wie unmöglich das im ersten Moment erscheint, er probiert es wieder und wieder und glaubt fest daran, dass er es auch schaffen kann.

Zusammenarbeit: Speziell in Online Spielen ist es unumgänglich, mit anderen Spielern zu kooperieren, gemeinsam die Bewältigung eines Problems anzugehen, an dem man allein scheitern würde. Schaut euch nur einmal eine Aufzeichnung eines World of Warcraft Raids an. Dieses Maß an Zusammenarbeit wünsche ich mir oft auch von meinen Kollegen auf Arbeit. Probieren, scheitern, analysieren, verbessern, nochmal probieren, bis es eben klappt. Jeder, der sich ein wenig mit New Work auseinandersetzt wird schnell feststellen, dass diese Eigenschaften aktuell sehr gefragt sind.


Doch wann lernen Kinder nun all das Wissen und die Fähigkeiten am besten? Inzwischen weiß die Forschung, dass das freie Spiel die beste Lernumgebung für Kinder ist:

Kinder haben eine angeborene Freude am Spiel und sind von Natur aus neugierig, spontan und experimentierfreudig. Deshalb möchten sie beim Spielen möglichst wenig von Erwachsenen vorgegeben, strukturiert oder organisiert bekommen. Sie bevorzugen Spiele, in die sich Erwachsene möglichst nicht einmischen, sondern in denen sie sich frei entfalten können. Fachleute sprechen hier vom „freien Spiel“.

Spielen – die beste Förderung fürs Kind | kindergesundheit-info.de (kindergesundheit-info.de)

Und das gleiche gilt genauso für digitale Spiele. Am meisten lernen Kinder nicht bei Spielen, die Erwachsene für sie aussuchen, weil diese sie als besonders lehrreich und wertvoll empfinden, sondern bei denen, die sie am meisten berühren und in ihnen die größten Emotionen hervor rufen. Wobei wir wieder am Anfang wären:

Wenn die Mediennutzung Kinder Spaß und Freude bringt, genau dann lernen sie dabei am meisten.

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